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Mit dem Rad vom südlichsten zum nördlichsten Punkt Festlandeuropas

Etappe 15 – Nachdenklich


Sain-Sauveur-en-Puisaye – Romilly sur Seine, 144 Kilometer, 1600 Höhenmeter

Nachdenklich

So, das erste Drittel ist also geschafft. Was soll ich euch erzählen? Die täglichen Abläufe sind schon eingespielt wie bei einer Musicalgruppe nach 20 Jahren „Cats“.

Die Erfahrung des gestrigen Tages hat mich wieder einmal gelehrt, dass man gewisse Dinge nicht ändern kann. (Gegenwind, schlechte Straßen, …) und man an sein Ziel kommt, egal ob man sich ärgert oder nicht, – vorausgesetzt man tritt regelmäßig in die Pedale. Diese Erkenntnis macht nicht nur mental stärker, sondern hat mir auch heute geholfen, die erste Etappenhälfte gut zu „überleben“. Und irgendwer hat mich in der zweiten Hälfte, also eigentlich schon mit dem Platz zum Mittagessen, belohnt für meine Geduld. Die Landschaft wird wieder offener, angenehme Anstiege mit 100 bis 200 Höhenmeter, oben angekommen schöne Aussichten. Ich könnte euch täglich hunderte von Fotos von den schönen Kornfeldern schicken, die in dem grellen, scharfen Licht viele Nuancen von strohfarben zeigen. Diese Eindrücke lassen sich auch fotographisch nur schwer wiedergeben. Die Beine sind voll motiviert, die Anstiege zügig zu absolvieren. Ich konnte mich einmal nicht beherrschen und hab die Lücke zu einem Radfahrer zufahren können. Zwar nicht beim Anstieg, eher dann auf der Geraden und bergab kam es dann, wohl durch meinen Gewichtsvorteil, zum alles entscheidenden Überholmanöver. Zwanzig Kilometer vor dem Ziel ein Ausblick, der mich so faszinierte, dass ich eine Pause einlegen musste und ein 360 Grad Video gedreht habe, das ich euch dazu gehängt habe. Aber immer mit einem mahnend erhobenen Finger, damit ich nicht übermütig werde. Also bergab wieder voller Gegenwind und der raueste Asphalt, den ihr euch vorstellen könnt. Jedoch gut und rechtzeitig in der Nähe von Romilly sur Seine angekommen. Wir haben einen wunderschönen Stellplatz direkt an der Seine.

Es hat offensichtlich 2000 Kilometer gebraucht, um während des Radfahrens mental den Zustand des inneren Dialoges zu finden. So wie es Robert M. Pirsig in „Zen, oder die Kunst ein Motorrad zu warten“ beschreibt. Das war mitunter ein Beweggrund dieser Reise, weil ich aus 2009 wusste, wie gut ich für mich längeres Radfahren nutzen kann. Da waren heute schon Ansätze da. Eben die Sache mit der Geduld. Aber auch die Erkenntnis, dass es gar nicht so viele Themen gibt. Beziehungsweise, dass die Antwort immer darauf hinausläuft, wie wichtig Familie ist. Und die hatte ich 2009 noch nicht. Aber viele Fragen, wie man dorthin kommt. Ich bekomme dieser Tage auch immer wieder bestätigt, wie wichtig es ist, seinem inneren Ruf zu folgen und eben solche Dinge wie diese Reise zu machen. Nicht nur im abendlichen Philosophieren mit Walter, der heute früh in eine andere Richtung weitergefahren ist, sondern auch durch eine traurige Nachricht heute Morgen. Der Cousin meiner Frau ist gestern im 49. Lebensjahr verstorben. An dieser Stelle möchte ich der Familie mein Beileid ausdrücken.

Einigen Lesern wird schon aufgefallen sein, dass meine Berichte fast keine sportlichen Fakten beinhalten. Weil es nicht darum geht. Es mag eine körperliche Leistung gepaart mit Erfahrung und Hirn sein, dass man als Untrainierter am 15. Tag noch am Rad sitzt und sogar noch Spaß daran hat. Natürlich spüre ich die Beine, das Sitzfleisch hat auch leiden müssen, bis ich die richtige Position am Rad gefunden habe. Das lässt sich alles aushalten. Schreibt mir ruhig eine Frage in den Kommentar, wenn euch was „fahrradtechnisches“ interessiert. Ich möchte nichts verheimlichen, ich finde es nur nicht so spannend. Was sagt eine Schnittgeschwindigkeit schon aus, wenn man die Umstände (Wind, Straße, Pausen, …) nicht kennt? In diesem Sinne freue ich mich über Kommentare von euch und wenn ihr mir weiterhin folgt.


2 Antworten zu “Etappe 15 – Nachdenklich”

  1. Hallo Daniel – wir gratulieren dir sehr herzlich zur Bewältigung des ersten Drittels – voi super! Wir verfolgen dieses Abenteuer interessiert und wünschen euch das Beste für die kommenden Tage. Diese Aktion für Annalena finden wir sehr, sehr cool.
    Vielen Dank auch für die Einladung – aber echt schade, dass die Hüpfburg gestrichen wurde 😉
    Liebe Grüße aus der Heimat und alles Gute weiterhin! Karin + Hubert

  2. Servus Daniel !

    Ich beobachte Deine Radreise nun schon seit Deiner 4. Etappe täglich. …

    Und einen guten Teil Deiner bisherigen Strecke kenne ich direkt oder aber zumindest regional annähernd, was mein Interesse noch zusätzlich steigert.

    So war ich nun schon des öfteren versucht, Dir auch hier zu schreiben.
    > Weil es mir sehr gefällt.
    > Weil Du das ganz offensichtlich, in jeder Weise, sehr gut und sehr symphatisch „machst“.

    Dennoch, heute ist für mich der erste richtige Tag, um Dir hier nicht nur dieses, … sondern nun auch noch zusätzlich und vor allem … schreiben kann und möchte :
    >>> „Ich gratuliere Dir von Herzen, dass Du nun, nach diesen ersten Strapazen von gut 2000 km „auf & ab-durch-diese-schöne-Welt – Kurbeln“ diese von Dir hier selbst beschriebene „innere Spur“ gefunden hast.

    Ich denke > … (und Du weisst es ohnehin auf Grund Deiner Erfahrungen während DeinerRadreisen zuvor) … > jetzt beginnt sie erst so richtig, … diese, Deine Reise … weiter zum Nordkap … und zugleich zu Dir selbst.

    Super !

    Alles Gute ! … Daniel.

    ( Ich darf mir hier, in diesem Rahmen, dieses „Du“ erlauben ? )

    Weiter viel Glück ! … und viel, viel Freude !
    Die nötige Kraft und Technik und „Einstellung“ dafür und dazu hast Du ja ganz offensichtlich ! :-))

    Ich freue mich sehr … und sehr interessiert … auf Deine weiteren Berichte.

    Mit Gruss !

    Ernst
    … aus Bruck an der Glocknerstrasse

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